Sehr clever, die Chinesen: US-Präsident Barack Obama warnt die Europäer, endlich ihre Schuldenkrise zu lösen. Wir Europäer hören das und denken darüber nach, wie heuchlerisch man sein kann als Regierungschef einer Nation, die den ganzen Schlamassel 2008 ausgelöst hat.
Und zwei Tage später kommt der chinesische Regierungschef Wen Jian-Bao und teilt uns Europäern mit, China würde gern helfen und habe auch schon fleißig griechische Staatsanleihen gekauft.
Das hören wir schon schon lieber, auch wenn wir wissen, dass diese Hilfsaktion keineswegs umsonst sein wird.
Der Preis ist natürlich, China als Marktwirtschaft anzuerkennen und die Kritik über die dortigen Menschenrechtsverletzungen und die fehlende Demokratie zu unterlassen.In Kern also die Frage, ob und inwieweit der Westen sich kaufen lässt.
Interessanterweise schließt sich da ein Kreis. Denn einer der Kerngründe für den Euro ist eben, dass Europa im 21. Jahrhundert nur vereint eine Rolle spielen wird – gerade angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Macht Chinas und den anderen asiatischen Ländern.
Den strategischen Interessen der Chinesen kommt das durchaus entgegen: Nur wenn Europa vereint und stark ist, entkommen die Chinesen dem auch von ihnen gefürchteten CHIMERIKA – also einem Duopol zweier Größmächte China und Amerika.
Die Chinesen haben offensichtlich das 20. Jahrhundert gut studiert und eine derartige Machtkonstellation mit zwei alles beherrschenden Großmächten – damals die USA und die Sowjetunion – als nicht wünschenswert erkannt.
So setzen sie darauf, mit Europa auch für die kommenden Jahrzehnte einen dritten Mitspieler im Machtpoker zu behalten – und stützen Europa lieber, als dass sie es dem Euro-Abgrund entgegen taumeln sehen.
Es ist sehr bedauerlich, miterleben zu müssen, dass die Chinesen die Lage Europas zutreffender analysieren als viele Europäer selber. Denen scheint in ihrem kleinbürgerlichen Tun wieder einmal das Hemd näher zu sein als die Hose – denn nichts anderes ist alle Spielerei, den Euro aufzugeben.
Fällt der Euro, fällt Europa.
Nur geeint werden wir in diesem Jahrhundert auf der Weltbühne eine Rolle spielen.
Ansonsten bleibt uns nur, zum Disneyland des 21. Jahrhunderts zu werden. Dann kommen uns im Jahr 2080 zwar auch noch ein paar Chinesen besuchen: Aber sie werden dann nicht mehr deutsches Hi-Tech, italienische Möbel und französisches Modedesign bestaunen, sondern allenfalls die noch überlebenden Denkmäler aus längst vergangenen Epochen wie den Kölner Dom und den Eiffelturm.